BFF-Newsletter 03 + 04 / 2025

Liebe Freundinnen und Freunde des Bahá’í-Frauen-Forum e.V., 

Naw-Ruz liegt hinter uns und ein sonniger Frühling erfreut inzwischen unsere Herzen. Wir freuen uns sehr, Euch mit diesem Newsletter einige „frühlingsfrische“,  wertvolle Informationen zukommen lassen zu können.

Beginnen möchten wir mit zwei Veranstaltungsterminen:

A) ZOOMVertiefung in UHG-Botschaft vom 19.03.25 „Familie – Rolle der Frau“

Entscheidender neuer Punkt ist der verstärkte Fokus auf berufliche Entwicklung beider Elternteile

Termin: 20.05.2025 ab 19.30 Uhr

 B) ZOOMVertiefung in BIC-Statement vom 20.02.25 „Frauenförderung als Voraussetzung für friedliche Gesellschaften“

Termin: 24.06.2025 ab 19.30 Uhr

 

Die Botschaft des Universalen Hauses der Gerechtigkeit sowie auch das BIC-Statement bieten eine wundervolle Grundlage für tiefgehende Gespräche und Beratungen in Eurem persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld. Sicherlich dienen sie auch als Führung für die Arbeit in Euren Ortsgruppen. Wir würden uns freuen, bereits im Vorfeld eine Rückmeldung zu erhalten, ob Ihr an den Vertiefungen teilnehmen könnt. 

An Zoom-Meeting teilnehmen 

Meeting-ID: 882 1960 1583

Kenncode: 841441

 

 

Rückblick 

A) UN Frauenrechtskommission (FRK)

Im Rückblick hervorheben möchten wir die stets im März stattfindende FRK in New York, für deren Organisation und Koordination UN Women zuständig ist. Bekannterweise ist das Bahá’í-Frauen-Forum e. V. Mitglied bei UN Women Deutschland, weswegen wir in den letzten Monaten zusammen mit politischen Akteuren und Teilen der Zivilgesellschaft eng in die Vorbereitung der FRK eingebunden waren.

Nachfolgend lassen wir Euch die Erklärung der Internationalen Bahá’í-Gemeinde anlässlich der diesjährigen 69. Sitzung der UN Frauenrechtskommission zukommen. Wir sind von Herzen dankbar, dass unsere langjährigen BFF- und ehemaligen Vorstands-Mitglieder Gisa Meier-Floeth und Ingeborg Franken-Boeninger wieder für die sach- und fachgerechte Übersetzung gesorgt haben.

In voller Partnerschaft:

Frauenförderung als Voraussetzung für friedliche Gesellschaften


New York – 20. Februar 2025


Das Ende des 20. Jahrhunderts war ein Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte. Nach Jahrhunderten der Anstrengung wurden die Rechte der Frauen als Menschenrechte anerkannt. Auch wurden bedeutende Fortschritte dabei gemacht, politische Vereinbarungen in Gesetze und Praktiken umzusetzen. Diese Fortschritte gipfelten in der bahnbrechenden Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking – ein Anlass, den wir dreißig Jahre später würdigen.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Konferenz ein weitverbreitetes Bekenntnis zum Grundprinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter darstellte. Sie zog rund 50.000 Delegierte von Regierungen, UN-Organisationen und aus der Zivilgesellschaft an. Vertreter der Bahá’í International Community (BIC) arbeiteten in diesem entscheidenden Moment mit diesen Akteuren zusammen – wie schon bei den vorangegangenen Konferenzen in Mexiko-Stadt, Kopenhagen und Nairobi. Vertreter der BIC haben seitdem die Entwicklung der internationalen Landschaft der Frauenförderung miterlebt und arbeiten weiterhin eng mit denjenigen zusammen, die sich aktiv für die gewünschten Ergebnisse der Konferenz einsetzen.

Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist nicht nur ein Ziel, das die Menschheit erreichen möchte, sondern auch eine notwendige Voraussetzung für Frieden und Wohlstand. In Gesellschaften mit einem höheren Grad an Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern kommt es tendenziell weniger zu gewaltsamen Konflikten. Ebenso ist es allgemein anerkannt, dass Friedensprozesse, an denen mehr Frauen beteiligt sind, tendenziell länger dauern.

 

Die Nichtanerkennung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern behindert letztlich die materielle, soziale und spirituelle Entfaltung jedes Einzelnen. Frauen sind jedoch häufiger Opfer von Missbrauch, Vorurteilen und Diskriminierung und werden daher auch häufiger von Räumen ausgeschlossen, die diese Verstöße bekämpfen sollen. Wenn die Menschheit die systemische Natur dieser Herausforderungen vollständig verstehen und überwinden will, muss die reiche Vielfalt menschlicher Erfahrungen in ihrer Gesamtheit genutzt werden. Daher müssen Barrieren beseitigt werden, die Frauen daran hindern, ihr Wissen zur Suche nach wirksamen Lösungen beizutragen.

 

In Entscheidungsgremien müssen unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt werden, aber man muss darauf achten, dass es nicht zu einer symbolischen Repräsentation kommt. Vorurteilsvolle Einstellungen können sowohl von Frauen als auch von Männern vertreten werden; daher ist ein normativer Wandel notwendig. Patriarchale Tendenzen und eigennützige Ambitionen müssen in allen Umgebungen durch Qualitäten wie Zusammenarbeit, Gegenseitigkeit, Mitgefühl und eine bescheidene Lernhaltung ersetzt werden. Solange sich der Wandel nicht in der Denkweise festsetzt und in der Kultur Ausdruck findet, werden die zugrunde liegenden Ursachen von Vorurteilen und Diskriminierung, die in den Systemen und Strukturen der Gesellschaften verankert sind, unhinterfragt bleiben und weiterhin Ungerechtigkeit aufrechterhalten.

 

Wie könnte es in der Praxis aussehen, wenn sich die Bevölkerungen dem Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter als Grundlage für friedliche Gesellschaften verschreiben? Die Bahá’í-Gemeinden ihrerseits arbeiten daran, alte Glaubenssätze und Praktiken zu ändern, die dem Prinzip der Gleichberechtigung zuwiderlaufen. In Bereichen, in denen ihre Bemühungen systematischer geworden sind, beobachten diese Gemeinschaften dramatische und tiefgreifende Veränderungen in der Art und Weise, wie Frauen in ihren Gesellschaften wahrgenommen werden. Diese veränderten Wahrnehmungen führen zu einem höheren Maß an Inklusivität und Gleichberechtigung und bieten Frauen mehr Möglichkeiten, Führungsrollen zu übernehmen und zu gesellschaftlichem Wandel beizutragen.

 

Natürlich haben diese Gemeinschaften immer noch mit jahrhundertealten Systemen und Bräuchen zu kämpfen, die historisch gesehen einen ungerechten Status quo aufrechterhalten haben. Aber was ihre Erfahrungen auszeichnet, ist die Herangehensweise an sozialen Wandel: Die Mittel für einen konstruktiven sozialen Wandel müssen mit seinen Zielen im Einklang stehen. Zu dieser Herangehensweise gehört eine Reihe von Bildungsinitiativen, die darauf abzielen, die Fähigkeit der Einzelnen zu entwickeln, gemeinsam mit ihren Familienangehörigen, Nachbarn, Freunden und Kollegen moralische und spirituelle Werte wie Einheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Vertrauenswürdigkeit in ihrem persönlichen Leben und in ihrem sozialen Umfeld anzuwenden. Dieser Bildungsprozess, der während des gesamten Lebenszyklus des Einzelnen angeboten wird, wird durch ein globales Koordinierungssystem geleitet und unterstützt und von den örtlichen Bevölkerungen entsprechend ihren spezifischen Umständen und Ressourcen umgesetzt.

 

Im indischen Bundesstaat Bihar beispielsweise führten diese Bildungsprogramme (link is external) dazu, dass Gruppen über das spirituelle Prinzip nachdachten, dass jeder Mensch von Natur aus edel ist, unabhängig vom Geschlecht. Je länger sie an diesen Programmen teilnahmen, desto schwieriger wurde es, soziale Praktiken zu übersehen, die diesem Prinzip widersprachen. Die Teilnehmer – sowohl Frauen als auch Männer – begannen, schädliche Trends in ihren Dörfern zu erkennen und überlegten, wie sie auf die Tatsache reagieren sollten, dass Frauen in vielen Bereichen, wie etwa bei der Weiterbildung und der Beteiligung an Entscheidungsprozessen, behindert wurden.

 

Die Bahá’í-Gemeinde beschloss, Beratungsräume für Familien einzurichten, um die tieferen Ursachen dieser Probleme zu untersuchen und mögliche Lösungswege zu finden. Die Teilnehmer tauschten Erfahrungen aus und erkundeten durch mutige Überlegungen die unbequeme Wahrheit, dass Mädchen und Frauen in ihren Gesellschaften nicht als grundsätzlich gleich angesehen werden und daher nicht die gleichen Chancen haben wie Jungen und Männer.

 

Es wurde deutlich, dass diese ungerechte Realität durch zahlreiche Erwartungen, Annahmen und Ängste verstärkt wurde – beispielsweise, dass es das Schicksal einer Tochter sei, verheiratet zu werden, dass Frauen während der Menstruation als „unrein“ gelten oder dass es für Mädchen gefährlich sei, weite Schulwege zurückzulegen. Diese Einstellungen fanden auf viele schädliche Arten Ausdruck. Jungen wurden oft bevorzugt, wenn entschieden wurde, welches Kind zur Schule geschickt wurde, finanzielle Mittel wurden eher für die Mitgift als für die berufliche Entwicklung einer Tochter verwendet und Frauen, die als „unrein“ angesehen wurden, wurde der Zutritt zu bestimmten Einrichtungen verwehrt, was ihre Beteiligung an Entscheidungsprozessen oder Führungsrollen verhinderte.

 

Die verbesserte Fähigkeit, die Erscheinungsformen der Ungleichheit zu analysieren, war ein wichtiger Motor für den kulturellen Wandel innerhalb der Gemeinschaft. Viele Jungen und Männer begannen, lange gehegte Überzeugungen offen in Frage zu stellen und zu untersuchen, wie ihre Mütter, Schwestern, Frauen und Töchter davon betroffen waren. Es wurde klar, dass dies nicht nur eine Herausforderung für Frauen war; die ganze Gemeinschaft war betroffen und dies erforderte universelles Handeln.

 

Die Teilnehmer haben seitdem gemeinsam daran gearbeitet, die von ihnen identifizierten Hindernisse zu beseitigen. Gemeinsam haben sie neue Bildungsangebote geschaffen, die die moralische und intellektuelle Entwicklung jedes Kindes in den Vordergrund stellen, und sich für mehr Sicherheit in ihren Dörfern eingesetzt. Sie haben darüber nachgedacht, wie die Denkweisen der Einzelnen weiterhin mit dem Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter in Einklang gebracht werden können, und haben so zur Entwicklung einer neuen Kultur beigetragen. Viele Teilnehmer haben kommentiert, wie diese Beratungsräume in Verbindung mit den oben beschriebenen Bildungsbemühungen der Gemeinschaft zu einem Anstieg des gegenseitigen Respekts zwischen Frauen und Männern in ihren Dörfern beigetragen haben. Viele haben ein stärkeres Gefühl von Vertrauen, gemeinsamer Sache, Verständnis und letztendlich Einheit wahrgenommen – zu Hause und in der Gemeinschaft. All dies sind Anzeichen für eine Entwicklung hin zu mehr Frieden.

 

Basisinitiativen liefern eine wichtige Quelle für Einblicke in die Lebenserfahrungen von Gemeinschaften, die lernen, sozialen Wandel herbeizuführen. Die UN ist – unter anderem durch das Mandat und die Netzwerke von UN Women – bestens geeignet, Erfahrungen, die die Förderung von Frauen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene fördern, herauszufiltern, zu analysieren und zu teilen und Methoden zu entwickeln, die von nationalen Regierungen umgesetzt werden können. Die Rolle der UN wird weiterhin von entscheidender Bedeutung sein, wenn es darum geht, das Bewusstsein für das Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter als grundlegende Voraussetzung für Frieden auf internationaler Ebene zu schärfen und dafür einzutreten, sowie bei der Gestaltung relevanter internationaler politischer Rahmenbedingungen. Die UN ist außerdem in einer einzigartigen Position, innerhalb ihrer eigenen internen Strukturen und Operationen eine Kultur zu modellieren, die patriarchalische Normen abbaut und Ansätze in den Mittelpunkt stellt, die integrativ und kooperativ sind.

 

Eine Zukunft, in der Frauen als gleichberechtigte Protagonistinnen in allen Bereichen menschlicher Bemühungen sinnvoll mitwirken können – und in der jeder Mensch, unabhängig von seinem Geschlecht, als Mitgestalter der Gesellschaft aufblühen kann – ist das Ziel, dem die Menschheit jetzt entgegenstreben muss. Das Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter ist weit mehr als nur ein Wunschtraum. Es muss jetzt von einer wachsenden Bevölkerung, ob jung oder alt, in allen Ländern der Welt angenommen werden, wenn wir eine Zukunft dauerhaften Friedens und Wohlstands herbeiführen wollen.



Die Förderung der Frauen ist eine Voraussetzung für friedliche und prosperierende Gesellschaften. Dieses Ziel muss erreicht werden, wenn wir eine harmonische Zukunft schaffen wollen, die über die Beendigung der Gewalt hinausgeht. Die in Peking formulierten 12 kritischen Problembereiche, die die volle Entwicklung der Frauen und ihre Gleichberechtigung mit Männern unterstützen sollen, müssen jedoch noch immer angemessen angegangen werden. Hart erkämpfte Errungenschaften erodieren, während patriarchalische Normen, die in den Systemen und Strukturen der Gesellschaften verankert sind, wieder aufleben – mit schädlichen Auswirkungen für Frauen und Männer gleichermaßen. Tatsächlich hat die Geschichte gezeigt, dass institutionelle Reformen fragil und anfällig für Macht- und Prioritätenverschiebungen bleiben, wenn sie nicht von einer nachhaltigeren Veränderung der individuellen Denkweisen und gesellschaftlichen Normen begleitet werden.

Dieser Jahrestag bietet also die Gelegenheit, Erkenntnisse aus Gemeinschaften zu gewinnen, die lernen, gesündere und integrativere Dynamiken zu kultivieren, angefangen im eigenen Zuhause – wo viele gesellschaftliche Überzeugungen und Einstellungen oft ihren Ursprung haben – über die Nachbarschaften und Dörfer bis hin zur Entstehung gerechter Systeme und Praktiken. Das durch diese Erfahrungen gewonnene Wissen bietet wertvolle Lehren, die auch auf internationaler Ebene Anwendung finden müssen. Denn letztlich erfordert die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Geschlechter eine universelle Beteiligung. Sie erfordert die proaktive Beteiligung jedes Segments jeder Bevölkerung, die Schulter an Schulter und in voller Partnerschaft zusammenarbeiten.

 

Foto: BIC-Teilnehmer der FRK als Mitveranstalter der side-panels „Vertrauensbildung“

Quelle: bic.org

Der Backlash bei der Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der FRK-Mitgliedsstaaten machte uns im Vorfeld der 69. Sitzung große Sorgen. Daher waren wir dankbar, zu erfahren, dass zu Beginn der Frauenrechtskommission dennoch eine starke politische Erklärung verabschiedet werden konnte, mit der sich die Mitgliedsstaaten verpflichten, die Gleichstellung und die Rechte aller Frauen und Mädchen zu schützen und zu fördern. Nach langwierigen Verhandlungen verabschiedeten alle 193 Mitgliedsstaaten im Plenum am Montag, 10.03.2025, eine „Political Declaration“ im Konsens, ohne Gegenstimmen und ohne Aussprache. Dokumenten-Viewer

 

„Das ist eine wahrhaft große Leistung und ein neuer Meilenstein für die Verwirklichung von Frauenrechten und umfassender Geschlechtergerechtigkeit. Zwar konnten einige bereits erzielte Fortschritte nicht weiter nach vorn bewegt werden, aber mit dieser Erklärung setzen die UN-Mitgliedsstaaten den weltweiten Rückschritten ein klares Statement entgegen!“,

 

sagt Dr. Ursula Schäfer-Preuss, stellv. Vorstandsvorsitzende von UN Women Deutschland und mit der deutschen Regierungsdelegation vor Ort.

 

Bild: Dr. Ursula Schäfer-Preuss

Quelle: flickr.com

Die Politische Erklärung bekräftigt die Verpflichtungen der Pekinger Erklärung und der Aktionsplattform, die 1995 auf der Vierten Weltfrauenkonferenz angenommen wurden. Frauen und Mädchen sollen ausnahmslos alle Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet werden. Die Erklärung betont die Notwendigkeit der gleichberechtigten Teilhabe und Führungsrolle von Frauen an allen politischen Entscheidungen und Friedensprozessen, der geschlechtsspezifischen Armutsbekämpfung und des Zugangs zu Bildung für alle Frauen und Mädchen.

In der Erklärung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, alle Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beseitigen, auch der digitalen Gewalt. Frauenrechtsorganisationen und die FRK sollen gestärkt werden. Vor dem Hintergrund deutlicher Rückschläge bei Frauenrechten weltweit, wie zuletzt im Bericht des UN-Generalsekretärs aufgezeigt, ist die einstimmige Verabschiedung der politischen Erklärung ein wichtiges Zeichen.

„Diese politische Erklärung bringt uns allen die Energie, die Pekinger Erklärung und Aktionsplattform mit dem wichtigen Engagement junger Menschen in die nächste Phase zu bewegen sowie den Pact for the Future und die 2030 Nachhaltigkeitsagenda geschlechtergerecht umzusetzen.“, sagt Dr. Schäfer-Preuss.

 Außer der Political Declaration wurde auf der 69. FRK auch das sogenannte „Multi-Year Programm of Work“ (MYPOW) für die kommenden vier Jahre verhandelt und festgelegt. Wer sich hier einlesen möchte, findet den Zero Draft hier: CSW69-Draft-MYPOW_24-January-2025

 

B) Männer im BFF

 Wie ihr wisst, stand unser Jahr 2024 unter dem Motto „Männer im BFF“, wobei wir uns intensiv damit beschäftigten, welche Bedürfnisse Männer haben, um sich im Bahá’í-Kontext als gleichberechtigt und eingebunden zu fühlen. Diese Thematik wird uns auch in 2025 weiter begleiten, da die aufgenommenen Impulse längst noch nicht genügend gewürdigt wurden. Da „unsere Männer“ auf der Suche nach Gleichberechtigung der Geschlechter teilweise ganz neue, sehr bereichernde Sichtweisen zum Diskurs beitragen, hoffen wir, auch im Jahr 2025 auf ihre Unterstützung und ihren Beitrag setzen zu können.

Im Februar 2025 erhielten wir einen neuen Impuls durch den Text des BIC-Mitglieds Daniel Perell, der die Debatte um Geschlechtergerechtigkeit aus einer selten beleuchteten männlichen Perspektive erweiterte: Perell nähert sich dem Thema nämlich nicht primär über Formen der Diskriminierung, sondern mit einem tiefgründigen und persönlichen Blick auf die Rolle von Männlichkeit in einer sich wandelnden Welt.

Bild: Daniel Perell

Quelle: bic.org

Eine männliche Perspektive auf Geschlechtergerechtigkeit

Daniel Perell formuliert es so:

„Wenn etwas Trauriges – oder Glückliches – in meinem Haus passiert, bin ich meistens derjenige, der zuerst weint. Meine Frau und meine Töchter schauen mich dann an, und wir teilen ein wissendes Lächeln. Ich bin dankbar, dass meine Eltern mir die Sicherheit gegeben haben, in der Öffentlichkeit weinen zu dürfen – und mit meiner Familie darüber lachen zu können. Das hat mir geholfen, mein eigenes Verständnis einer anderen Art von Männlichkeit zu entwickeln.“

Perell betont, dass sich der Diskurs um Geschlechtergleichstellung zu Recht stark auf die zahlreichen Formen der Diskriminierung konzentriert, denen Frauen ausgesetzt sind – und auf die Art, wie dies den Fortschritt der Menschheit hemmt. Doch er stellt auch eine weiterführende Frage:

Was verliert die Menschheit, wenn Männer ein schädliches Verständnis von Männlichkeit erben?

Er erinnert sich an eine bewegende Geschichte, die er im vergangenen Jahr während einer Sitzung der Frauenrechtskommission (CSW) der Vereinten Nationen erzählte. Sie handelte von einer Frau, die eine einstweilige Verfügung gegen ihren gewalttätigen Ehemann beantragte. Noch bevor diese erlassen wurde, nahm der Mann die gemeinsame Tochter mit auf eine Wanderung – und tötete sie und sich selbst.

Der Raum war erfüllt von Schock, Trauer – und berechtigter Wut über den Vater. Doch, so Perell, kaum jemand sprach über die Tragödie des Mannes selbst. Darüber, dass ein Mensch so sehr verrohen kann, dass er zu einer solch furchtbaren Tat fähig ist.

„Welcher Weg führt einen Mann – der einmal ein Kind war wie jedes andere – zu einem so bankrotten, so verzweifelten Ende? Welche gesellschaftlichen Kräfte haben es ihm ermöglicht zu glauben, dass eine solche Tat seine beste oder gar einzige Option sei?“

Frauen tragen den Löwenanteil der Lasten geschlechtsspezifischer Ungleichheit – an Leib, Seele und im sozialen Gefüge. Doch, so Perell, echte Veränderung verlangt, dass wir auch die Lebensrealitäten der Täter verstehen, nicht um sie zu entschuldigen, sondern um der Wurzel des Problems näherzukommen. Transformation ist nur möglich, wenn wir auch die Schäden anerkennen, die Männer in einem ungerechten Geschlechtersystem erleiden.

„Viele der nötigen Veränderungen auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Welt müssen von Männern selbst kommen. Männer müssen aufhören, Gewalt als Problemlösungsstrategie zu nutzen. Sie müssen ihr Verhalten ändern – nicht um ihrer selbst willen, sondern um Platz zu schaffen für echte Gleichberechtigung.“

Auch strukturell sei das von Bedeutung: Wenn es um eine weibliche UN-Generalsekretärin geht, dann werden es vor allem Männer sein, die dafür ihre Stimme erheben müssen. Doch wie bringen wir Männer dazu, sich für diese Veränderung einzusetzen? Eine Frage, die sensibel ist – und dennoch gestellt werden muss.

Im Zentrum steht dabei: Welche Art von Gleichstellung wollen wir überhaupt?
Eine Welt, in der Frauen lediglich lernen, sich wie ihre dominantesten männlichen Kollegen zu verhalten, ist keine Lösung. Die Antwort auf Patriarchat kann nicht sein, dass alle patriarchale Verhaltensmuster übernehmen. Es braucht einen neuen, gemeinsamen Blick auf die Zukunft der Menschheit.

Perell fragt:

„Was für Väter könnten Männer werden, wenn es ihnen erlaubt wäre, ihre gesamte emotionale Bandbreite zu zeigen, ohne als schwach beschimpft zu werden? Welche Führungsqualitäten könnten dann sichtbar werden? Wie viel näher kämen wir einer Welt ohne Krieg?“

Wenn Gleichstellung als „Frauenthema“ verstanden wird, belastet das vor allem Frauen – und lässt kaum Raum für männliche Beteiligung. Männer, die sich einbringen, werden häufig entweder überhöht oder kritisiert – selten aber als gleichwertige Teilnehmende wahrgenommen. In gewisser Weise, so Perell, werden Männer in diesen Diskursen ebenso auf eine symbolische Rolle reduziert wie Frauen in anderen gesellschaftlichen Bereichen.

Und das kann kein Weg sein, um ein tiefgreifendes Problem zu lösen. Zum Abschluss formuliert er eine Hoffnung – und einen Auftrag:

„Wenn wir uns in diesem Jahr an der Arbeit der Frauenrechtskommission beteiligen, wünsche ich mir, dass wir nicht nur betrachten, wie Frauen und Mädchen unter Geschlechterungleichheit leiden, sondern auch Wege finden, wie Männer den Wert einer gerechteren Welt erkennen. Denn der Fortschritt der Menschheitsfamilie ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft – unabhängig von Geschlecht oder äußeren Merkmalen. Wir leiden gemeinsam. Oder wir erheben uns gemeinsam.“

Was für eine hoffnungsspendende Vision! Sicherlich lohnt es sich, die Thematik in den Ortsgruppen weiter zu vertiefen. Wir würden uns sehr freuen, von Euch zu hören, welche weiteren Erkenntnisse Ihr dabei gewinnt. 

C) Nun zu einem ganz anderem Thema: 

Frauen – Opfer im Krieg – Für den Frieden die Lösung

Das BFF engagiert sich in seinen Ortsgruppen auch im Austausch mit und in der Integration von Frauen aus der Ukraine, die derzeit als Kriegsflüchtlinge in Deutschland leben – zum Teil mit ihren Kindern und/oder Müttern, selten auch mit ihren Ehemännern und/oder Vätern, zumeist jedoch als alleinerziehende Mütter, die ihre Kinder vor den Kriegswirren in ihrer Heimat schützen wollen. Im Dialog mit diesen Frauen begegnet uns immer wieder eine beeindruckende Resilienz angesichts des Traumas von Krieg und Flucht.

Dabei stellen wir uns regelmäßig die Frage, wie Frauen – über nationale Grenzen hinweg – Einfluss auf kriegerische Auseinandersetzungen, aber vor allem auf Friedensprozesse nehmen können. In einem von patriarchalen Strukturen geprägten globalen Kontext, in dem Kriege oftmals aus Großmannssucht und territorialen Begehrlichkeiten entstehen, erscheint die weibliche Perspektive als Schlüssel zu einer anderen Art des Umgangs mit Konflikten.

Bereits 2022, zum Beginn der zweiten Kriegsphase in der Ukraine, war uns bewusst, wie bedeutsam das Engagement von Frauen für die Befriedung ist. So war es kein Zufall, dass bei einer Veranstaltung in Saarbrücken folgendes Plakat zur Diskussion einlud:

Perspektivwechsel – Frauen nicht nur als Opfer denken

 

Im März dieses Jahres berichtete nun Daniel Hailu, Delegationsmitglied der internationalen Bahá’í-Gemeinde, von seiner Teilnahme an der Frauenrechtskommission (CSW) der Vereinten Nationen in New York. In seinem Bericht äußerte er Unbehagen über das dominante Narrativ, welches Frauen in Konflikten vor allem als Opfer darstellt – nicht jedoch als aktive Akteurinnen, Gestalterinnen oder gar Mitverantwortliche.

 

Bild: Daniel Hailu

Quelle: bic.org

Als Experte für soziale Entwicklung mit Erfahrung bei Organisationen wie UN Women, UNICEF, ILO, IOM, Weltbank, USAID und FCDO betonte Hailu, dass die Reduktion der weiblichen Rolle auf die des Opfers die Komplexität der Realität unzulässig vereinfache. Frauen seien weit mehr als Leidtragende: Sie seien Friedensstifterinnen, Gemeindeführerinnen und oft der soziale Kitt ihrer Gesellschaften.

Diese Perspektive steht im Einklang mit der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats zu „Frauen, Frieden und Sicherheit“, in der die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen als Voraussetzung für nachhaltigen Frieden festgeschrieben ist. Auch die Bahá’í-Lehren bekräftigen: „Wenn Frauen voll und gleichberechtigt an den Angelegenheiten der Welt teilnehmen, wird der Krieg aufhören.“

 

Was können wir von afrikanischen Frauen im Hinblick auf den aktuellen Krieg in Europa lernen?

Vor dem Konflikt – Prävention durch Stabilität

Noch bevor bewaffnete Auseinandersetzungen beginnen, wirken Frauen oft als stabilisierende Kräfte in ihren Gemeinschaften: Sie pflegen Beziehungen, ziehen Kinder groß und bewahren sozialen Zusammenhalt. In Liberia etwa war es die Bewegung „Women of Liberia Mass Action for Peace“, die während des Bürgerkriegs maßgeblich zur Beendigung des Konflikts beitrug. Auch in Kenia, nach den Wahlen 2007/08, organisierten Frauen  interethnische Dialogräume, um der Gewalt entgegenzuwirken. Ihr Handeln war präventiv, integrativ – und nachhaltig.

Während des Konflikts – mutig, führend, engagiert

Mit dem Ausbruch von Gewalt verändern sich Rollenbilder. Frauen sind nicht nur Betroffene, sondern auch Unterstützerinnen, Widerstandskämpferinnen oder Friedensbotschafterinnen. In Sierra Leone führten Überlebende sexualisierter Gewalt Graswurzelbewegungen an, in Mali setzten sich Frauenorganisationen über politische und ethnische Grenzen hinweg für Teilhabe bei Friedensverhandlungen ein. In der DR Kongo beteiligten sich Frauen aktiv an den Sun-City-Verhandlungen in Südafrika.

Doch oft bleibt ihre Stimme in offiziellen Prozessen ungehört. Friedensverhandlungen werden noch immer von männlich dominierten Machtstrukturen geprägt, die weibliche Beiträge marginalisieren oder symbolisieren – mit wenig realem Einfluss.

Nach dem Konflikt – Wiederaufbau und Versöhnung

Frauen tragen wesentlich zum Wiederaufbau zerstörter Gesellschaften bei. Sie versorgen Verwundete, betreuen Vertriebene, verarbeiten Traumata – und schaffen neue soziale Strukturen. In Südafrika etwa engagierten sich Frauen intensiv in der Wahrheits- und Versöhnungskommission, um marginalisierte Stimmen sichtbar zu machen. In Burundi leiteten sie Programme zur Reintegration und Heilung geschlechtsspezifischer Gewalt.

Trotz dieser Leistungen erfahren Frauen im Wiederaufbau häufig keine formelle Anerkennung – patriarchale Muster verhindern Teilhabe an Entscheidungsprozessen.

 Fazit – Ohne Frauen kein Frieden

Die Lehren aus Afrika zeigen eindrucksvoll: Frieden wird nicht nur auf dem Schlachtfeld errungen, sondern vor allem in politischen und gesellschaftlichen Räumen. Werden Frauen aus diesen ausgeschlossen, bleiben Friedensbemühungen lückenhaft. Werden sie jedoch gehört, gefördert und in Führungsrollen anerkannt, steigt die Chance auf nachhaltige Stabilität erheblich. Studien belegen: Wenn Frauen an Friedensverhandlungen beteiligt sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Vereinbarungen mindestens 15 Jahre Bestand haben, um 35 % höher.

Afrikanische Frauen haben bewiesen, dass ihre Teilhabe keine Ergänzung, sondern Voraussetzung für dauerhaften Frieden ist. Ihre Stimmen, ihre Führung, ihre Perspektiven sind unerlässlich – vor, während und nach jedem Konflikt.

Es ist an der Zeit, konsequent zu handeln:


Frauen in Führungspositionen stärken.

Gendergerechtigkeit in politischen Räumen fördern.

Und die Stimmen der Frauen nicht nur hören – sondern ihnen echte Macht und Wertschätzung einräumen.

Wie die Bahá’í-Lehren es formulieren:

„Nur wenn Frauen in allen Bereichen menschlichen Strebens in volle Partnerschaft aufgenommen werden, wird das moralische und psychologische Klima geschaffen, in dem internationaler Frieden entstehen kann.“

Aus den Ortsgruppen:

BFF Freiburg

Wie jedes Jahr war das BFF Freiburg auch dieses Mal am Weltfrauentag mit einem Stand auf dem Freiburger Rathausplatz vertreten – diesmal bei strahlendem Sonnenschein. Zahlreiche anregende Gespräche mit interessierten Frauen und Männern entwickelten sich rund um die Themen der BFF-Arbeit und den Bahá’í-Glauben. Den stimmungsvollen Abschluss bildete ein Empfang im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses am Münsterplatz.

BFF Saarland

 Auch im Saarland stand der März wieder ganz im Zeichen frauenpolitischer Themen.

Am 7. März 2025 machte die Ortsgruppe gemeinsam mit den Frauenbeauftragten der Stadt Neunkirchen auf den Equal Pay Day aufmerksam – jenen symbolischen Tag, ab dem Frauen statistisch gesehen für ihre Arbeit endlich bezahlt werden, während sie zuvor gewissermaßen 66 Tage „unentgeltlich“ arbeiten mussten.

Mit einer Aktion in der Innenstadt von Neunkirchen wurde auf die weiterhin bestehende Lohnungleichheit hingewiesen: Der Gender Pay Gap ist laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2024 zwar erstmals seit vier Jahren gesunken – von 18 auf 16 Prozent – und verzeichnet damit den stärksten Rückgang seit Beginn der Erhebung im Jahr 2006 (damals 23 Prozent). Doch trotz dieses minimalen Fortschritts bleibt der Abbau der Lohnlücke schleppend.

Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland, bringt es auf den Punkt:

„Wenn es in diesem Tempo weitergeht – 7 Prozentpunkte in 19 Jahren –, dauert es noch über 40 (!) Jahre, bis die Lohnungleichheit vollständig beseitigt ist. Das können sich die Frauen in unserem Land nicht leisten.“

Am 08. März 2025 schloss sich unmittelbar der Internationale Frauentag an, der mit vielen engagierten Frauen aus dem Landkreis Neunkirchen bei einem gemeinsamen Frühstück gefeiert wurde. Besonderer Höhepunkt war dabei der Frauenchor Constanze aus Saarbrücken.

Den Abschluss der Veranstaltungen rund um den Weltfrauentag bildete die Frauentanzparty der kommunalen Frauenbeauftragten Neunkirchens, bei der auch die saarländische BFF-Ortsgruppe engagiert war. Women only… … Ein Motto, das vielen Frauen die Möglichkeit bietet, aus sich herauszugehen

Last but not least hatte die Edelstein-Gruppe des BFF Saarland im März einige Aktivitäten: So ergaben sich auf dem BFF-Stand beim Neunkircher Frühling interessante Gespräche, bei der Aktion Picobello im Saarland zeigte sich die Bereitschaft der Mitglieder, in den Dienst zu gehen. Und bei einer Führung durch die Stadtbibliothek bewies die ukrainische Künstlerin Hanna Buruk mit ihren Bildern „see the light through the darkness“, dass der Edelstein Hoffnung auch in schwierigen Zeiten zu finden ist.

Liebe Freundinnen und Freunde, wir hoffen sehr, Euch mit diesem Newsletter gewinnbringende Informationen und bereichernde Impulse geben zu können und verbleiben für heute

 

mit herzlichsten Grüßen, 

Euer Bahá’í-Frauen-Forum e. V. 

i.A. Sonja Jochum

Vorstand – Sekretariat