
Liebe Freundinnen und Freunde des Bahá’í-Frauen-Forum e.V.,
„Aufs Neue begrüßen“
Letzte Nacht, in der Mitte ungeklärter Dunkelheit,
fand ich mich einen Augenblick lang bei der Erdachse,
fest hielt ich sie zwischen meinen ausgestreckten Armen.
Und wie ich mich mühte, die gefrorenen Pole auseinander zu halten,
bemerkte ich, ich konnte diese eisigen Teile abtasten und auf wundersame Weise
mit meinen heißen Handflächen zum Schmelzen bringen.
Ich erkannte auf der Spitze des höchsten Punkts:
eine einfache Frau, erneut durch Liebe erglüht,
bereit, die Welt aufs Neue zu begrüßen.“
Mit diesem Gedicht unserer lieben Bahá’í-Freundin Mahvash Sabet aus ihrem Gedichtband „Keine Grenzen“ begrüßen auch wir Euch aufs Neue und blicken sehnsuchtsvoll auf das gregorianische Kalenderjahr 2025, das fast noch unberührt vor uns liegt. Die tapfere Mahvash gibt uns mit ihrem Gedicht Hoffnung; erinnert es uns doch daran, dass auch die schwierigsten Umständen uns nicht von einer verbindlichen Gewissheit abhalten sollen: Nämlich die, dass die Kraft eines liebenden Herzens Wunder bewirken kann. Obwohl die inzwischen 71-jährige Mahvash bisher keine Begnadigung erfahren hat und nach ihrer schweren Herzoperation wieder in dem berüchtigten EVIN-Gefängnis inhaftiert wird, ermutigt sie uns, hoffnungsvoll zu bleiben. Blicken wir daher auf die kommenden Monate, so wollen wir dies optimistisch tun und sie als eine Zeit voller Versprechungen betrachten.

Denn die Augen der Öffentlichkeit werden immer mehr auf die schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran sowie in weiteren arabischen Ländern gelenkt, welche intersektional unsere Bahá’í-Freundinnen am Schwersten treffen. Ein weiteres Beispiel für das fortlaufende Unrecht ist die Verhaftung von weiteren zehn Bahá’í-Frauen am frühen Morgen des 22.01.2025 – weil sie ihrem Glauben treu bleiben und weil sie Frauen sind. #ourstoryisone

Zwar glaubt sich die iranische Regierung noch sicher, ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit ungestraft begehen zu können – sonst hätten sie die Verhaftungen nicht gerade mal zwei Tage vor der Überprüfung der Menschrechtslage durch die Vereinten Nationen durchgeführt. Andererseits erscheint diese Vorgehensweise lediglich wie ein trotziges Aufbäumen gegen die 18 UN-Menschenrechtsexperten, die erst kürzlich gemeinsam mit der internationalen Bahá’í-Gemeinde (BIC) auf die intersektionale Verfolgung von Anhängerinnen der größten nicht-islamischen Religion im Iran hinwiesen. Human Rights Watch und das Abdorrahman Boroumand Centre for Human Rights in Iran ordneten die Berichte der staatlichen Verfolgungen seit 1979 als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. (siehe auch: „Jahrbuch Religionsfreiheit 2024″ herausgegeben von Thomas Schirrmacher, Martin Lessenthin und Martin Warnecke, mit dem Bericht von Jascha Noltenius “ Systematische Verfolgung der Bahá´i im Iran und Jemen“, Seite 374-380. Jascha Noltenius ist Beauftragter für auswärtige Angelegenheiten der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland K.d.ö.R. und deren Sprecher in Menschenrechtsfragen)
#ourstoryisone
Hierzu noch einmal zur Erinnerung die Bewertung von #ourstoryisone durch die letztjährige öffentliche Erklärung der Friedensnobelpreisträgerin Nargess Mohammadi sowie neun weiterer politischer Gefangenen – einschließlich der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, die im Januar zu ihrer Tochter nach Deutschland freigelassen wurde: „Nach Jahren der Gefangenschaft und des Zusammenlebens mit Bahá’í-Frauen, in den wir den Druck und die Entbehrungen miterlebt haben, die ihnen und ihren Familien aufgrund ihres andersartigen Glaubens auferlegt wurden, und nachdem wir ihre Geschichten damals wie heute gehört und sie mit dem verglichen haben, was Dissidenten stets auferlegt wird, erkennen wir, dass „unsere Geschichte in der Tat eine ist“.
Rückblick
Dialogforum als Vorbereitungstreffen zum CSW 2025
Der Vorstand des BFF hat am 06.12.2024 an dem Vorbereitungstreffen für die kommende Frauenrechtskommission teilgenommen, welches im Familienministerium unter Anwesenheit von Bundesfamilienministerin Lisa Paus stattfand. Im Fokus der gemeinsamen Diskussion stand dabei der Kampf gegen Gewalt an Frauen, denn Lisa Paus kam an diesem Tag gerade erst aus der ersten Anhörung zum inzwischen verabschiedeten Gewalthilfegesetz. Verschiedene NGOs bezogen darüber hinaus zum Bericht des Familienministeriums über die Umsetzung der Gleichstellung in Deutschland Stellung. Mehrheitlich wurde angemahnt, die Bundesregierung müsse mehr auf die Intersektionalität von Diskriminierung achten. Die Vertreterin von Amnesty International, Katharina Masoud, teilte eine Zusammenstellung der Situation von Frauen in bewaffneten Konflikten. Auch in diesen Konflikten gerate die besondere Vulnerabilität von Frauen in Vergessenheit. Familienministerin Lisa Paus lobte in ihrer Rede den Einsatz der Zivilgesellschaft und forderte Organisationen zu noch mehr Gegenüberschaft auf. Ihr sei es ein Anliegen, zu wissen, an welchen Themen die Frauen vor Ort arbeiteten.
Podiumsdiskussion „Völkerstraftaten an religiösen Minderheiten am Beispiel der Jesiden im Irak und der Bahá’í im Iran“
Am 28. Januar 2025 nahm unser Vorstands-Mitglied Shila Behjat zusammen mit der renommierten Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal sowie den Fachleuten Prof. Payam Akhavan und Dr. Alexander Schwarz in Berlin an der o. g. Podiumsdiskussion teil.
Das Völkerstrafrecht bietet der internationalen Gemeinschaft die Möglichkeit, die Verantwortlichen dieser Völkerstraftaten zu ermitteln, anzuklagen und bei hinreichender Beweislage zu verurteilen. So hatte die Anerkennung des IS-Völkermordes an den Jesid:innen im Deutschen Bundestag eine wichtige Symbolwirkung; aber die Hinterbliebenen des Völkermordes und die Betroffenen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Bahá‘í im Iran werden erst jetzt in den Blickpunkt genommen. Diese erfahren erst dann Gerechtigkeit, wenn die Verantwortlichen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Daher ist es nun unsere gemeinsame Aufgabe, die juristische Aufarbeitung durch völkerstrafrechtliche Prozesse vor deutschen Gerichten nach dem Weltrechtsprinzip zu forcieren – stellen sie doch einen wichtigen Meilenstein dar, insbesondere da Verurteilungen wegen geschlechtsbezogener Verfolgung bislang selten sind. Wie gut, dass nun endlich die geschlechtshierarchische Dimension dieser Verbrechen stärker in den Fokus rückt.
Auf menschenrechte.bahai gibt es Ausschnitte der Veranstaltung zu sehen:
Ausblick
Am Dienstag, den 11.02.2025 wird Shila Behjat uns auf Einladung von UN Women Deutschland am digitalen Vorbereitungstreffen zur 69. Frauenrechtskommission vertreten. Wir werden im nächsten Newsletter darüber berichten.
Darüberhinaus:
Der Februar ist traditionell der Monat, in dem sich (mindestens) eine Milliarde Frauen erheben und am 14.02.2025 mit One-Billion-Rising https://www.onebillionrising.de/ zeigen, wofür sie einstehen. In diesem Jahr ist das Motto „rising for empathy“, was ein Synonym für Weiblichkeit schlechthin ist.
,,Gesegnet seid ihr! Gesegnet seid ihr! Ihr seid fürwahr jeder Gabe würdig. Wahrlich, ihr verdient, euere Häupter mit der Krone immerwährender Herrlichkeit zu schmücken, denn ihr werdet in Wissenschaften und Künsten, an Tugenden und Vollkommenheiten dem Mann ebenbürtig sein, und an Herzensgüte, übergroßer Barmherzigkeit und Mitgefühl seid ihr überlegen.“ (Abdu’l-Bahá)
Des Weiteren starten die Vorbereitungen auf den „Frauen-Monat“ März mit den alljährlichen Aktionstagen Equal-Pay-Day und Internationaler Frauentag. Auch bei den BFF-Ortsgruppen tut sich in dieser Zeit viel. Im Saarland finden zu allen Terminen gemeinsame Aktionen mit den dortigen Frauenorganisationen statt. In Freiburg ist man ebenfalls traditionell am 08.03.2025 mit einem eigenen BFF-Stand auf dem Rathausplatz vertreten. Außerdem findet am 13. März in Freiburg ein Gesprächsabend im dortigen Bahá’í-Zentrum statt, bei dem das BFF Freiburg über die Aktivitäten des Bahá’í-Frauen-Forum e.V. berichtet sowie auch über die Lage der Frauen im Iran. Wir wünschen den Ortsgruppen gutes Gelingen für all ihre Aktivitäten.
Gerne berichten wir auch von den Aktivitäten Deiner Ortsgruppe. Lass uns wissen, wenn Ihr Unterstützung benötigt. Auch freuen wir uns immer über Wort- und Bild-Material Eurer Aktionen!